
Vor uns liegt heute ein Buch mit über 400 Seiten, das Haushaltsbuch für das Jahr 2025.
Wodurch zeichnet sich ein gutes Buch aus? Ein Buch soll uns bewegen, es soll uns beschäftigen, selbst dann noch, wenn wir es gelesen haben – und so wird es wohl auch mit dem Haushaltsbuch sein.
Ein gutes Buch soll spannend sein. Spannung bedeutet, ein Ringen um Entscheidungen oder unter schwierigen Voraussetzungen, eine gute Lösung zu finden. Das haben wir in den vergangenen Wochen in der Fraktion und einen ganzen Vormittag lang im Gemeinderat gemacht: beraten, begutachtet, bewertet und nach Lösungen gesucht.
Die Geschmäcker und Erwartungen an Spannung sind verschieden. Der Spannung liegt zugrunde, dass sie auf Konflikten beruht. Die verschiedenen Protagonisten wollen etwas erreichen. Einfach ist das nicht, denn etwas oder jemand hindert sie daran. In unserem Buch sind es vorwiegend die Zahlen, die finanziellen Mittel.
Bücher ohne Konflikte sind langweilig. Ein spannendes Buch ist voller Konflikte, deren Lösung niemals leicht sein darf.
In diesem Sinne wird unser Haushaltsbuch vielleicht zum Bestseller!
. . . und nun schauen wir einmal in das Buch hinein:
Keine Sorge, ich lese jetzt nicht alle Seiten vor und die Zahlen haben wir bereits gehört. Ich möchte ein paar Anmerkungen machen zu den Entscheidungen, Einschätzungen und Positionen, die unserer Fraktion wichtig sind.
Gleich auf Seite 2 lesen wir von einem Defizit. Ursprüngliche von3,9 Mio. €. Im Rahmen der Haushaltsplanberatungen konnte es auf 3,7 Mio. € reduziert werden, hauptsächlich durch die Anpassung der Kreisumlage, gut so.
Nichtsdestotrotz, wir werden uns nicht mehr alles leisten können, aber wir werden uns vieles leisten müssen. Ohne Investitionen in unsere Stadt, in die Infrastruktur, in die Schulen, in die Kitas, in Stadtentwicklung, in Wohnraum, in Wasser und Abwasser, in Klima-, Energie- und Umweltprojekte, in den Sport, in die Vereine, in die Kultur, würde Herbolzheim zurückgeworfen.
Genau das wollen wir als SPD nicht. Wir wollen, dass die Herbolzheimer Bürgerinnen und Bürger weiter gerne hier in der Kernstadt und den Ortsteilen leben, wohnen und arbeiten können.
Durch die Krisen und die weltpolitische Lage ist das Gleichgewicht in unserer Gesellschaft empfindlich geworden. Wir nehmen eine Verunsicherung bei den Bürgerinnen und Bürgern wahr. Die örtlichen Lebensbedingungen sind ganz wichtig für politische Willensbildung. Demokratie beginnt vor Ort, in den Städten und Gemeinden.
Erst wenn auf dem unbebauten Grundstück in direkter Nachbarschaft gebaut oder umgebaut wird, um den Flächenverbrauch zu mindern, um weniger Flächen zu versiegeln und Baulücken zu schließen oder um Grund und Boden besser zu nutzen, z.B. mit Geschosswohnungsbau, wird für Betroffene erfahrbar was Verantwortung und nachhaltiges-ökologisches Bauen konkret bedeutet.
Deshalb brauchen wir Zuverlässigkeit und Sicherheit. Diese erreichen wir aber nicht, in dem wir einzelne Positionen mal hier um 5 oder 10 Tsd. Euro kürzen. Damit retten wir nicht den Haushalt.
Wir müssen vermitteln, dass wir die Themen anpacken, die relevant für die nachfolgenden Generationen sind. Wir stehen immer in dem Spannungsverhältnis, welche Maßnahmen bringen Herbolzheim und die Menschen gut in die Zukunft, was ist finanziell machbar und welche Auswirkungen haben die Maßnahmen und die Projekte auf unsere Finanzen, auf die Umwelt, auf das Klima und auf die Zukunft von Herbolzheim. Kompromisse und aufeinander zugehen sind notwendig. Es gilt abzuwägen, was ist gut für die Menschen, für die Umwelt und für die Stadt oder den Ortsteil, Spannung pur.
Für uns steht ganz vorne die Bildung, gut eingesetztes Geld für Familien, Kinder und Jugendliche, um allen einen guten Start zu ermöglichen.
Wir investieren 2025 rund 2,1 Mio. in Schulen und mehr als 86 Tsd. € in Kitas. Für die laufende Unterhaltung müssen wir für das, was nicht durch Zuschüsse oder andere Einnahmen gedeckt ist, für die Schulen knapp 1,5 Mio. und für die Kitas 4,7 Mio. € aus dem eigenen Säckel ausgeben.
Als weitere Projekte, die aus unserer Sicht der angespannten Finanzlage, neben den Schulen nicht zum Opfer fallen dürfen, sind angefangene und schon lange in der Pipeline stehende Maßnahmen, wie z.B. das Rettungszentrum und in unmittelbarem Zusammenhang damit die Sportstätte bei der Schule oder die Halle in Bleichheim. Für uns ist wichtig, immer auch die Nutzer der Einrichtungen zu hören.
Ebenso können wir städtische Immobilien, Straßen oder Kanäle nicht einfach ihrem alternden Schicksal überlassen, sie müssen unterhalten oder saniert werden. Dabei gilt für alte und neue Maßnahmen, dass sie in einem einfachen Standard ausgeführt werden.
Wichtige Unterhaltungsmaßnahmen liegen für uns bei den Schulen, Kitas, Spielplätzen, diese Prioritäten habe ich schon genannt, aber ebenso bei der Breisgauhalle.
Wir begrüßen, dass die Kunstturnhalle wieder mehr belebt ist, auch wenn die Unterhaltungsmaßnahmen nicht unerheblich sind. Bei allen Maßnahmen, die sich auf Energieeffizienz und somit auf das Klima auswirken, sind wir mit dabei, also z.B. die Umstellung von Lampen auf LED und das Erneuern von Heizungen und Thermostatventilen, mit dem angestrebten Ziel, dies in allen städtischen Gebäuden umzusetzen. Solche Investitionen sind in die Zukunft, sind nachhaltig und bringen finanzielle Einsparungen.
Im Quartierstreff „Alte Post“ sehen wir eine Chance, dass ein Treffpunkt mit ganz unterschiedlichen und niederschwelligen Begegnungsmöglichkeiten entsteht, gut so.
Durch alle Teilhaushalte in unserem Buch ziehen sich die Kosten für unser städtisches Personal. Die Mehrausgaben sind durch die Tariferhöhungen begründet. Wir brauchen gut qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für unsere Stadt, denn mehr Einwohner heißt auch mehr Aufgaben. Die Arbeit in den Kommunen hat zugenommen und nimmt weiter zu. An dieser Stelle danken wir allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiten für die geleistete Arbeit. Gute Arbeitsbedingungen sind für ein gutes Gelingen wichtig.
Kein Problem war für uns, den Antrag der Grünen und der CDU zu mehr interkommunaler Zusammenarbeit zu unterstützen.
Habe ich doch schon bei der Haushaltsrede im vergangenen Jahr gesagt: Bei anhaltender Finanzknappheit und eines kontinuierlichen Aufgabenzuwachses, drängt sich eine interkommunale Zusammenarbeit geradezu auf. Wir sind davon ausgegangen, dass es dazu keinen einen eigenständigen Antrag braucht. Für uns ist es selbstverständlich, dass dieser Ansatz umgesetzt wird. Doch es braucht dazu immer einen oder mehrere Partner, die bereit sind mitzumachen. Richtig gut gelungen ist das beim Anschluss unserer Wasserversorgung an die südliche Ortenau, danke. In Zukunft könnte eine stärkere Zusammenarbeit, auch im Bereich Personal oder bei technische Ausrüstungen auf jeden Fall zu mehr Effizienz und Kosteneinsparungen führen. Vielleicht kommen andere Kommunen auf den Geschmack!
Am Ende eines Buches steht immer auch der Dank. Wir danken allen, die bei diesem Haushaltsbuch mitgearbeitet haben, allen voran, Ihnen Herr Müller und Herr Hess sowie dem ganzen Team. Und wir möchten auch allen danken, die sich in unserer Stadt ehrenamtlich engagieren und Verantwortung übernehmen und damit die Werte für unsere Demokratie leben.
Und was ist nun mit der Haushaltskonsolidierung und dem Blick in die mittelfristige Finanzplanung? Augen zu und durch? Das kann es nicht sein!
Unser aller Motto muss sein: Ausgaben überprüfen und einsparen, bei der laufenden Unterhaltung und bei Investitionen. Diese Devise muss beharrlich umgesetzt werden.
Einnahmen erhöhen, wenn das so einfach wäre, trifft es doch dann die Bürgerinnen und Bürger oder auch unser Gewerbe und Industrie.
Die Gewerbesteuer haben wir im vergangenen Jahr erhöht. Die Grundsteuer ist so kalkuliert, dass sie für die Stadt aufkommensneutral ausfällt, wobei es, vor allem durch das Baden-Württembergische Sondermodell, durchaus zu individuellen Verschiebungen, nach oben und unten kommen wird. Ob in Herbolzheim in den kommenden Jahren eine Grundsteuer C für bebaubare Grundstücke erhoben wird steht im Moment nicht zur Diskussion.
Auf viele andere Einnahmen haben wir als Stadt gar keinen Einfluss, sie richten sich z.B. nach der Steuerkraftsumme von vor zwei Jahren oder nach der Einwohnerzahl. Auch Ausgaben haben wir nicht alle in der eigenen Hand, ich nenne hier die Kreisumlage, die wir an den Landkreis zu zahlen haben.
Die Entscheidungen über den Haushalt fühlen sich nicht mehr an, wie eine „Königsdisziplin“, eher wie ein Drahtseilakt. Aber nichts desto Trotz gilt es am Ende des Seils die Balance zwischen ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung zu finden, die die Grundlage für ein zukunftsfähiges Herbolzheim bildet. Zukünftige Investitionsvorhaben müssen auf ihre Notwendigkeit geprüft und auf das Machbare reduziert werden.
Es ist nicht gelungen einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, auch nicht in den langen gemeinsamen Beratungen, alle konnten sich einbringen. Weder die Verwaltung noch die Fraktionen haben eine Lösung gefunden, um das Defizit auszugleichen.
Das liegt auch daran, dass immer mehr Pflichtaufgaben von Bund und Land den Kommunen übertragen werden, die dann nicht ausreichend finanziert sind. Mit diesem Problem steht Herbolzheim nicht allein da, landauf landab können wir lesen und hören, dass andere Kommunen die gleichen Probleme haben.
Die SPD Fraktion wird dem Haushalt zustimmen. Für uns heißt das, Verlässlichkeit in schwierigen Zeiten.
Denn trotz allem, können wir unsere Zukunft nicht mit Trübsal oder Pessimismus gestalten, sondern nur durch aktives Handeln und mit Optimismus.
Frei mit den Worten der Frauen- und Menschenrechtsaktivistin Eleanor Roosvelts:
"Es ist besser, eine Kerze anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen."
Es bleibt spannend.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
SPD-FRAKTION
Doris Daute, Georg Binkert, Markus Mößner, Ralf Obergföll